1100 Wohnungen sollten in der sogenannten Werkbundstadt in Berlin-Charlottenburg in einem Quartier direkt am Spreeufer entstehen, so die Planung. Das Modellprojekt sah 32 architektonisch grundverschiedene Gebäude mit Klinkerfassaden vor. Jetzt ist das Vorhaben in seiner bisherigen Form gescheitert. Die beteiligten Parteien bedauern das – und beschuldigen sich gegenseitig.
Es klang alles so verheißungsvoll: Auf einer 2,8 Hektar großen Industriebrache am Spreeufer, auf dem sich derzeit noch ein Öltanklager befindet, sollten 32 Häuser mit insgesamt 1100 Wohnungen entstehen. Der Deutsche Werkbund, diese traditionsreiche Vereinigung von Künstlern, Architekten und Baukultur-Experten, wollte nichts weniger als eine urbane Modellstadt. Mit verdichteter Bebauung und zumindest in Teilen bezahlbaren Mietwohnungen. Einzige ästhetische Vorgabe: Sämtliche Gebäude sollten mit Klinker gebaut werden. Alle 32 beteiligten Architekten hielten sich in ihren Entwürfen an dieses Fassadenmaterial.
Zielvereinbarung
Mit den ursprünglichen Eigentümern des Grundstücks gab es eine Zielvereinbarung, in der die Planungsziele festgehalten worden waren. Dann aber wechselten die Eigentumsverhältnisse auf dem Gelände gleich mehrfach. Die neuen Eigentümer seien offensichtlich nicht bereit, die Regeln der Zielvereinbarung einzuhalten, wird der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Werkbunds Berlin, Uli Hellweg, in den Berliner Medien zitiert. Die jetzige Investorengemeinschaft habe die Zusammenarbeit aufgekündigt. Der Deutsche Werkbund bedauere die Absage dieses wegweisenden Modellprojekts.
Projekt soll weitergeführt werden
Das aber tut auch die neue Eigentümergemeinschaft „Am Spreebord Projektentwicklung“. Sie gab gemeinsam mit dem Bezirk eine Pressemitteilung heraus, in der angekündigt wurde, dass das Projekt fortgeführt werden solle – allerdings ohne den Werkbund. Denn der habe zuvor seinen Rückzug angekündigt. Zudem habe es innerhalb des Werkbunds, vor allem zwischen Beirat und beteiligten Architekten, immer wieder Streit bezüglich des Projekts gegeben. Was wiederum vom Werkbund bestritten wird: Man habe lediglich die Einhaltung der Vereinbarung angemahnt und bis zuletzt angeboten, eine gemeinsame Lösung zu finden. Es steht Aussage gegen Aussage.
Verhärtete Fronten
Entsprechend verhärtet sind die Fronten. Die Marke „Werkbundstadt Berlin“ dürfe für das Projekt „Am Spreebord“ nicht mehr verwendet werden, schreibt der Werkbund in seiner Stellungnahme. Die bislang geleistete konzeptionelle Arbeit der Werkbund-Architekten, so heißt es weiter, sei „für spekulative Grundstücksgeschäfte gebraucht worden statt für einen zukunftsweisenden sozialen und ökologischen Städtebau mit vorbildlicher gestalterischer Bauqualität.“ Das Architektenkollektiv stehe für eventuelle weitere Planungen nicht mehr zur Verfügung.
Neuer Entwurf
Wie es jetzt weitergeht? Die neuen Eigentümer wollen an einer Bebauung des Areals festhalten, allerdings unter veränderten Vorzeichen. Eine fünfköpfige Arbeitsgruppe solle bis Ende Januar 2019 einen neuen städtebaulichen Entwurf vorlegen, heißt es. In einem anschließenden Architekturwettbewerb könnten die bisherigen Architekten idealerweise sogar wieder eingebunden werden – sofern sie dazu bereit seien. Ein neuer Beirat, bestehend aus drei Architekten, sei ebenfalls vorgesehen.
Bleibt der Backstein?
Unklar ist, ob bei einer künftigen Bebauung des „Spreebords“ ohne Mitwirkung des Werkbunds der Baustoff Klinker das verbindende Element bleibt – oder ob diese Festlegung mit dessen Ausscheiden nicht mehr gilt. Man darf gespannt sein …
(Artikel aus www. backstein.de)
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