Ludwig Mies van der Rohe gilt als einer der einflussreichsten Architekten der Moderne. Seine Arbeit und Lehre haben die Architekturgeschichte maßgeblich geprägt und sind noch immer Vorbild zahlreicher Neubauten. Unverkennbar in all seinen Werken war die Umsetzung seiner klaren Prinzipien: Konstruktionen sollten logisch sein und möglichst einfach. Ästhetik schafft der Architekt mit Hilfe struktureller Elemente. Bei der Umsetzung seiner Visionen griff Mies van der Rohe immer wieder auf Klinker zurück. Der Architekt ersetzte ornamentale Verkleidungen durch kompakte, kubische Komponenten. Dabei achtete er stets darauf, dass das „Einfache nicht mit dem Simplen“ verwechselt wird. Heute hat sich die Aussage des Avantgarde-Architekten zu einem weit verbreiteten Sprichwort entwickelt: „Weniger ist mehr.“
Backstein als tragendes Wandelement
Sein Konzept für ein „Landhaus in Backstein“ von 1924 gilt als Grundlage seiner Arbeiten mit einfachen Ziegeln. Das Haus war eine von insgesamt fünf Studien Mies van der Rohes und galt zur damaligen Zeit als besonders innovativ. Seine Konzepte boten ihm Rückhalt bei der Debatte um moderne Architektur und der damit untrennbar verbundenen Richtung der Neuen Sachlichkeit. Den Backsteinwänden kommt hierbei ihre herkömmliche Funktion als tragende Wandelemente zu. Insgesamt erscheint das „Landhaus in Backstein“ als blockhaft geschlossener Körper, dessen Massivität durch die Struktur der Steine abgeschwächt wird. Die einzelnen kleinen Ziegelsteine sorgen für Struktur der Oberfläche die bei der Betrachtung aus der Nähe erkennbar wird. Darin wird der miessche Wunsch nach Einfachheit deutlich. Klare Linien sorgen für ein kubisches und strukturiertes Erscheinungsbild. Die großflächige Verglasung stellt die Mies-typische Verbindung von Innen- und Außenbereich her. Dies widerspricht in Zügen dem Anspruch der Moderne, der auf die Ablesbarkeit der klaren Zuordnung von Innen und Außen abzielt.
„Baukunst ist die räumliche Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Umwelt und der Ausdruck dafür, wie er sich darin behauptet und wie er sie zu meistern versteht.“ (Ludwig Mies van der Rohe)
Unter den Bauhaus-Architekten galten Ziegelbauten nicht als Fortschritt. Mies van der Rohe hielt an der Verwendung von Backsteinen aber weiter fest: „Wie vernünftig ist diese kleine handliche Form, so nützlich für jeden Zweck. Welche Logik im Verband, im Muster und Textur. Welcher Reichtum in der einfachen Mauerfläche, aber wie viel Disziplin verlangt dieses Material!“ Bei der Umsetzung eines Denkmals für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg in Berlin im Jahr 1926 entschied sich Mies van der Rohe für Hartbrandziegel. Im speziellen auf Oldenburger Klinker , der für expressionistische Bauwerke typisch ist. In einem Interview von 1992 erklärte Sergius Ruegenberg, damaliger Mitarbeiter von Mies van der Rohe, dass diesem der zunächst angedachte Werkstoff Beton „nicht edel genug“ gewesen sei. So wurde der Rohbau aus Beton gefertigt und anschließend mit Oldenburger Klinker verschalt.
Gebäude und Natur im Einklang
In Krefeld entwickelte Mies van der Rohe das „Haus Lange“ und das benachbarte „Haus Esters“. Beide Gebäude erscheinen nach außen hin geschlossen und wirken von innen kompakt. Kubische Elemente erwecken den Eindruck von ineinander gesteckten Schachteln. Für den Architekten erfüllen die verwendeten roten Ziegelsteine mehrere Funktionen. Mies van der Rohe sieht in der Rechtwinkligkeit der Steine und seiner damit erschaffenen Gebäude das Vertrauen der Menschen in die Rationalität und die menschliche Vernunft. Die Ziegel lassen eine Wand zwar einfach erscheinen, das Material ist aber dennoch massiv und undurchdringlich. Durch die Fensterflächen wirken die Wände schmaler und leichter, obwohl sie aus schweren Ziegeln bestehen. Die Querstruktur der Ziegel setzt Mies van der Rohe beim „Haus Lange“ und dem „Haus Esters“ als bewussten Kontrast zu verschiedenen Vertikalstrukturen ein. So beispielsweise bei der Eingangstür aus Makassar-Holz beim „Haus Esters“. Durch große Rasenflächen und natürlichen Baumbestand werden die Gebäude in die Natur integriert.
Anfang der 30er Jahre entwarf Mies van der Rohe für das Ehepaar Lemke das „Landhaus Lemke“ in Alt-Hohenschönhausen, das auch als „Villa Lemke“ bekannt wurde. Dabei bewies der Architekt erneut seine Liebe zum Bauen mit Backstein. Mies van der Rohe nutzte kohlegebrannten rotbunten Ziegel und kleidete damit die Fassade der Villa ein. So gewann die Gebäudehülle stark an Lebendigkeit und Textur – Ein weiteres Beispiel für den Erhalt von modernen Wohnbedürfnissen mit minimalistischen Mitteln.
Prinzip der Einfachheit
Die Einbindung kubischer Strukturen in seine Entwürfe entwickelte Mies van der Rohe seit dem „Landhaus in Backstein“ weiter. Höhepunkt der Öffnung und Verschmelzung von Innen und Außen bildet das „Farnsworth House“ von 1951, ein Landhaus südlich der Stadt Plano in Illinois. Dieses Einraumhaus wird von eingerückten Stahlstützen getragen und besteht laut Mies aus „praktisch nichts“.
Bis zu seinem Tod im Jahr 1969 in Chicago hielt Ludwig Mies van der Rohe an seinen Prinzipien zur Einfachheit fest. Diese Prinzipien machten ihn weltberühmt und gelten für moderne Architekten noch immer als Vorbild. Speziell die Einbindung des klassischen Klinkers in moderne, kubische Bauten, hat die Architektur von Mies van der Rohe stark geprägt.
„Haus Lange und Haus Esters in Krefeld„. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons.
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